|   | Leise Dinge |  | 124 Seiten, ISBN 3-980 298 2-0-5, 12,80€;
 |  |   |  | Kommentar: |  | „In dieser Lyriksammlung“, so schreibt Helmut Trott in einer Buchbesprechung, „erfolgt in breitem thematischen Umfang das kritische Befragen der Dinge, dazu der hintergründige, die Sachverhalte aufdeckende Humor – und dies in Verbindung mit großer Sprachdisziplin. Humor in seiner feinen und nicht verletzenden Art durchzieht die gesamte Gedichtsammlung.“
 |  |   |  | Leseprobe: |  	Sonntäglicher Regenmorgen
 
 Augen halb im Schlaf geschlossen,
 hör` vom Dach in leises Rinnen,
 stehe auf und seh` verdrossen
 Himmel lange Fäden spinnen.
 
 Heimlich fließt der Nieselregen,
 über Ziegel hört  man leise
 gluckernd sich voranbewegen
 die vertraute Regenweise.
 
 Stärker bricht`s aus Nebeln vor,
 und von allen Seiten gießt es,
 in die Regenrinne fließt es
 und von dort ins Regenrohr.
 
 Wie es nun wild plitscht und platscht,
 gluckst und gurgelt, rauscht und klatscht,
 plimpft und plampft und plumpst und gluckt
 bis der Abfluss es verschluckt.
 
 Ach, was könnt´ ich Bess`res tun,
 als ein wenig noch zu ruh`n!
 In den Halbschlaf klingt noch leise
 Regenrohres Regenweise.
 
 
 
 	Sommerstille
 
 Himmel,
 strahlend blau und weit!
 Hier und dort - wie Wattebauschen -
 Wolkenfetzen hingehaucht.
 In Natur rings eingetaucht
 liege ich hier, um zu lauschen
 in des Jahres Reifezeit.
 
 Sommersonne,
 sengend heiß,
 lässt die Halme,
 gelblich weiß,
 in der Flimmerhitze knistern,
 lässt sie wispern, 
 lässt sie flüstern
 von der reichen Lebenszeit:
 Kälte, Nässe, Frost ertragen,
 grünen, blühen, Früchte tragen,
 in des Lebens Rhythmus stehen,
 aufwärts streben und vergehen,
 unter Last der Frucht sich neigen
 während tausend Grillen geigen.
 
 Halme
 kosen mein Gesicht.
 Gern lieg ich hier, um zu träumen, 
 um nur ja nicht zu versäumen,
 wenn der Sommer zu mir spricht.
 
 
 
 	Badeurlaub
 
 Badezeit an Sonnenstränden...
 Himmel, Erde, Wasser, Grün,
 lässt aus wohlvertrauten Wänden 
 Schwimm nebst Frau zum Strand hin zieh`n.
 
 Badekleidung, bunte Tücher, 
 Oberkörper weiß entblößt,
 manche knabbern, lesen Bücher,
 Emil Schwimm sitzt da und döst.
 
 Unermüdlich ringsum schmieren
 sie die feisten Körper ein,
 auf dem Wasser schwimmen Schlieren,
 schillernd bunt im Sonnenschein.
 
 Von den sozialen Schichten
 bleibt - fällt die textil´ne Hülle -
 körperförmlich die verwischten
 Maße nur der Körperfülle. 
 
 Kaum erkennbar: arm und reich,
 wenn Schwimm in die Runde sieht.
 Fast sind alle Menschen gleich
 - bis auf jenen Unterschied.
 
 Was bei Männern altes Recht:
 Oberkörper zu befrei´n,
 muss dem schöneren Geschlecht
 ebenfalls gestattet sein.
 
 Manche lässt, was noch verdeckt,
 ungeniert dann auch bald fallen,
 was manierlich war versteckt
 darf ins Sonnenlicht nun prallen.
 
 Rings - auch in den dicksten Bäuchen - 
 gärt, nach scheuen Seitenblicken,
 junger Wein in alten Schläuchen
 voll von männlichem Entzücken.
 
 Emil Schwimm, der alte Knabe,
 tut, als hätt` er nichts gesehn,
 doch sein Imponiergehabe
 gleicht dem, eines Hahn´s beim Kräh`n.
 
 Was er sieht, ist ihm nicht neu,
 doch es wallen die Gelüste,
 und magnetisch schielt er scheu
 nach den wohlgeformten Brüsten.
 
 Dies bemerkt Frau Schwimm bereits
 und legt ab ihr hemmend Bangen,
 lässt die Früchte ihrerseits
 ebenfalls im Blickfang hangen.
 
 Mehr gilt oft das Lob dem Mut
 als dem Lustobjekt,
 besser wär`s, dies bliebe gut
 stoffverhüllt dezent versteckt;
 denn, wie wuchert die Natur
 bei Frau Schwimm mit vielen Pfunden,
 dabei brauchte sie doch nur
 vorn zwei Punkte zart zu runden!
 
 Eva, in dem Strandkorb acht...
 - Emils Augen quellen über -
 diese Augenweiden-Pracht!
 Ach fürwahr, die wär´ ihm lieber!
 
 Lotte Schwimm sieht seinen Blick,
 denkt nur: „Schwimm, wie siehste aus:
 Beine dünn, der Bauch recht dick,
 bleich..., ein Anblick voller Graus!“
 
 Während Emil Lottes Rücken
 zart mit Sonnenmilch reibt ein,
 denkt er  still und voll Entzücken:
 „würd´ dies Evas Rücken sein!“
 
 Flirten und geschmiert zu werden,
 ans Licht zu zerren was verhüllt...,
 unsere Strände spiegeln wider,
 was den Mensch mit Glück erfüllt. 
 
                                                                                              
 
 
 	Erste Schwalbe
 
 Urplötzlich,
 heut` morgen,
 vergnügt, ohn` Sorgen
 war sie da!
 Aus Afrika!
 Hier, im Stall bei den Kühen!
 Vergessen die Mühen!
 Zwitschert begeistert:
 „Hab Strapazen gemeistert, 
 halbe Welt überquert,
 mich Gefahren erwehrt,
 durch Stürme gezogen,
 ein Meer überflogen
 und Wüsten und Seen.
 Hab` Gletscher geseh`n
 und Menschen,
 ganz anders,
 - mit Turban -
 woanders.
 Doch jetzt bin ich hier,
 wieder bei dir.
 Einen Sommer lang Pause,
 e n d l i c h   zu Hause!“
                                          
 Ich hab nur geguckt
 und ganz tief geschluckt.
 S i e  zwitschert und zwatscht,
 jubilieret und tratscht
 mit einer andern,
 vorm Fenster,
 vom Wandern.
 Huscht hinaus in die Sonne,
 zwitschert vor Wonne.
 Schießt davon wie ein Pfeil,
 allmählich, dann steil,
 singend Kehle und Herz
 hinauf, himmelwärts...
 
 Ich bleib` schauend zurück.
 Ach, welchen Berg Glück
 brachten mir eben
 zwanzig Gramm Vogelleben!
 |  |   |  
  |